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Architektonische Freiheit durch optimale Kleb- und Dichtstoffe

Auf dem schmalen Grat zwischen Form und Funktion müssen Glasfassaden heute scheinbar unumstößliche physikalische Grenzen sprengen. Transparente, lichtdurchflutete Gebäude mit der Energiebilanz eines Passivhauses, Architektur mit gewagt fließenden Glasfassaden, multifunktionale smarte Gläser - die Anforderungen an zeitgemäße Fassaden sind so vielfältig wie widersprüchlich.

 

Zentraler Punkt des EXPO-Geländes in Astana ist eine gigantische begehbare Glaskugel. Foto: Kömmerling Chemische Fabrik GmbH

Welch enormen Einfluss ein kleines Detail wie der verwendete Dichtstoff im Isolierglas auf das Ergebnis hat, zeigt sich aber oft erst dann, wenn er nicht das hält, was er verspricht. Oder wenn er bestehende Erwartungen übertrifft und neue gestalterische Perspektiven eröffnet. Die Widersprüche zwischen Energieeffizienz, Multifunktionalität und Gestaltungsspielraum zu vereinen, das treibt auch die Produktentwickler der Kömmerling Chemische Fabrik GmbH an. Ob Structural Glazing oder Direct Glazing, Fassaden mit integrierter Photovoltaik oder als medial bespielbare Plattform - der Kleb- und Dichtstoffhersteller aus Pirmasens schafft mit optimalen Lösungen architektonische Freiheit.

Wie auf der EXPO 2017 im kasachischen Astana: Unter dem diesjährigen EXPO-Motto Future Energy entwarf das Architekturbüro Adrian Smith + Gordon Gill, Chicago, vollständig verglaste Plusenergie-Gebäude. Die Fassaden sind so energieeffizient, dass die Pavillons mehr Energie generieren, als sie verbrauchen. zentraler Punkt des Geländes ist eine beeindruckend große begehbare Glaskugel. Zwei der kreisförmig um die Kugel angeordneten Landespavillons bestehen aus je 20.000 Quadratmeter Fassadengläsern, realisiert mit der Warmen Kante für Structural Glazing von Kömmerling.

Warme Kante für geklebte Fassaden

Dahinter steckt der Dichtstoff Ködispace 4SG. Er ist Teil einer Warme Kante-Lösung, die auf einzigartige Weise die Anforderungen silikonversiegelter Verglasungen erfüllt. Denn das schwarze Polyisobutylen wird aus dem Fass mittels eines vollautomatischen Applikators direkt auf die Scheibe extrudiert und bildet eine absolut dichte, homogene und kontinuierlich  aufgetragene Masse. Dabei ersetzt es gleichzeitig Primärdichtstoff, Abstandhalter und Trockenmittel. Aufgrund seiner speziellen Zusammensetzung geht Ködispace 4SG sowohl mit dem Glas als auch mit dem Sekundärdichtstoff Silikon eine chemische Bindung ein. Das Isolierglas wird so zu einer fest verbundenen und dennoch flexiblen Einheit. Ein typisches Fassadenelement der EXPO-Pavillons ist beispielsweise ein mit Argon gefülltes Dreifach-Isolierglas aus 8 mm Sonnenschutzglas, 6 mm Wärmeschutzglas und 8 mm VSG. Dazwischen liegen zwei 16 mm starke thermoplastische Abstandhalter aus dem Kömmerling Warme-Kante-System.

Stressresistente Gläser durch flexiblen Randverbund

Der elastische Randverbund nimmt Druckdifferenzen, Klima- und Windlasten deutlich besser auf als starre Abstandhalter ohne Verbundwirkung. Das Material kann sich bemerkenswert ausdehnen oder zusammendrücken und gibt die Bewegungen und Belastungen auf die Glasscheiben an die Unterkonstruktion weiter, ohne dabei selbst übermäßig belastet zu werden. So reduzieren sich die Spannungen im Glas, und der Randverbund bleibt auch bei starken Verformungen dauerhaft gasdicht.

Gleichmäßig verteilte Last

Berechnet man die Klimabelastungen von Mehrscheiben-Isoliergläsern nach der Methode von Prof. Dr. Franz Feldmeier, Hochschule Rosenheim, wird ein 1.500 x 3.000 mm großes Isolierglas aus zwei 6 mm-Scheiben und 16 mm Zwischenraum mit Kömmerling-Randverbund erheblich weniger gestresst als eins mit herkömmlichen Abstandhaltern (*siehe Quellenangabe): Nach der Abkühlung des Isolierglases auf -20 °C ist die durch die Druckdifferenz entstandene maximale Verformung der Scheiben um 59 Prozent geringer. Ein ähnlicher Effekt entsteht unter Windlast, zum Beispiel in einer Windzone 3 mit der Belastung bei 0,47 kN/m²: Mit Aluminiumabstandhaltern wird die Außenscheibe um 11,6 mm und die Innenscheibe um 6,5 mm deformiert. Der dichte, elastische Randverbund verteilt aufgrund des höheren Innendrucks im Scheibenzwischenraum dagegen die Last gleichmäßig über beide Scheiben, mit einer Deformation von 9 mm außen und 9,2 mm innen.

Länger gasdicht, länger energieeffizient

In der Regel ist die Klebefuge bei Structural Glazing-Projekten direkter Sonneneinstrahlung ausgesetzt, weswegen die Verwendung UV-stabiler Silikone zwingend erforderlich ist. Allerdings hat ein Silikon den Nachteil hoher Permeationsraten bezüglich Wasserdampf und Argon. Im Gegensatz dazu lässt das Butyl der Warmen Kante von Kömmerling nahezu keine Feuchtigkeit durch, ist besonders gasdicht und bis +90 °C temperaturbeständig. Die Gasdurchlässigkeit von Butyl bei Argon beträgt weniger als 0,001 g/mh gegenüber 0,5 g/m²h bei Zweikomponenten-Silikon, die Feuchtigkeitsdurchlässigkeit weniger als 0,03 g/m²h im Vergleich zu 20 gm²/h beim Silikon. Das heißt, der komplette Randverbund bleibt mit dem Polyisobutylen trotz Silikon als Sekundärdichtstoff dauerhaft dicht. In einem unabhängig durchgeführten Test betrug die Feuchtigkeit selbst nach fünf überstandenen Klimazyklen der EN 1279-3 im Scheibenzwischenraum nur 40 Prozent, und die Gasfüllung lag immer noch bei 89 Prozent. Auch unter extremen Bedingungen bleiben die Fassadenelemente also lange gasdicht und dadurch energieeffizient, ohne schleichende Verschlechterung des Uw-Wertes. 

Einzigartige Ästhetik

Die Warme Kante mit Ködispace 4SG verleiht den Isoliergläsern eine einzigartige Ästhetik und außerordentliche gestalterische Möglichkeiten. Aufgrund der vollautomatisierten Produktionsweise lassen sich verschiedenste Scheibenformen und -größen herstellen, von Übergrößen bis zu Sonderformen mit Rundungen oder runden Gläsern mit minimalen Durchmessern von nur 100 Millimeter. Durch die exakte Herstellung liegen die Abstandhalter absolut deckungsgleich und zeigen keinerlei Versatz. Das schwarze Material im Scheibenzwischenraum reflektiert die Rahmenfarbe und erreicht eine optisch ansprechende Harmonie von Glas und Rahmen. Dadurch wird der Mehrfachaufbau nahezu unsichtbar, der Blick gleitet ungestört nach außen.

Seine Elastizität prädestiniert den Kömmerling-Randverbund für warm oder kalt gebogene Gläser, egal ob einaxial-, zweiaxial- oder torsionsverformt. Gerade beim Kaltbiegen kompletter Isoliergläser deformiert sich der Randverbund besonders stark. Konventionelle Abstandhalter können das nur über den schmal aufgetragenen Primärdichtstoff abfangen, es drohen Undichtigkeiten.

Ein Himmel aus Glas

Dagegen macht ein flexibler Randverbund die Bewegungen vollkommen mit und erhält seine volle Funktionsfähigkeit. Welche konstruktiven Möglichkeiten gebogene Gläser inzwischen erlauben, zeigt sich in der Shoppingmall Chadstone in Melbourne: Eine riesige Einkaufsstadt mit 500 Läden und 10.000 Parkplätzen, die Kunden aus der ganzen Welt anlockt - und darüber wölbt sich wellenförmig ein gigantischer Himmel aus Glas.

*Quellenangabe: Dr. Scherer C.: A new reactive thermoplastic spacer with excellent durable energy efficiency for structural glazing facades; Challenging Glass 5, Conference on Architectural and Structural Applications of Glass, June 2016

 

Quelle: Glas + Rahmen 12/2017
Die enormen konstruktiven Möglichkeiten gebogener Gläser offenbart die riesige Shoppingmall Chadstone in Melbourne.
Foto: Timothy Burgess / Imageplay
Die enormen konstruktiven Möglichkeiten gebogener Gläser offenbart die riesige Shoppingmall Chadstone in Melbourne. Foto: Timothy Burgess / Imageplay
Das schwarze Polyisobutylen wird aus dem Fass mittels eines vollautomatischen Applikators direkt auf die Scheibe extrudiert und bildet eine absolut dichte, homogene und kontinuierlich aufgetragene Masse.
Foto: Kömmerling Chemische Fabrik GmbH
Das schwarze Polyisobutylen wird aus dem Fass mittels eines vollautomatischen Applikators direkt auf die Scheibe extrudiert und bildet eine absolut dichte, homogene und kontinuierlich aufgetragene Masse. Foto: Kömmerling Chemische Fabrik GmbH

Internationaler Technologieführer

Als internationaler Technologieführer für Glasanwendungen hat Kömmerling ebenfalls Produkte für die manuelle und industrielle Fensterklebung sowie für Spezialgläser und Bauelemente mit Verbundgläsern im Portfolio. Eine der neuesten Entwicklungen führte zu einem Verbundglas mit integrierten LEDs. Es wird in Fassaden als medial bespielbare Plattform und als konstruktives Bauelement zugleich genutzt. Das Thema Energieeffizienz beschäftigt die Entwickler außerdem noch auf andere Weise: In die Fassade integrierte Photovoltaikmodule werden aktuell im Fraunhofer ISE getestet oder lassen sich mit auf der Modulrückseite geklebten Befestigungsprofilen rahmenlos montieren. Wie kristalline Module so zum gestaltenden Fassadenelement werden, ist am neuen Headquarter der Ed. Züblin AG in Stuttgart-Möhringen zu sehen. Bei diesem Objekt werden die PV-Module ohne zusätzliche mechanische Befestigung nur durch das Kömmerling Spezial-Silikon gehalten. Dies entspricht dem Structural Glazing Typ IV nach ETAG 002. Kömmerling erhielt dafür eine objektspezifische bauaufsichtliche Zulassung (ZiE, Zustimmung im Einzelfall).

Wie Photovoltaikmodule durch rahmenlose Befestigung zum gestaltenden Fassadenelement werden, ist am neuen Headquarter der Ed. Züblin AG zu sehen.
Foto: Timothy Burgess / Imageplay
Wie Photovoltaikmodule durch rahmenlose Befestigung zum gestaltenden Fassadenelement werden, ist am neuen Headquarter der Ed. Züblin AG zu sehen. Foto: Timothy Burgess / Imageplay

Weitere Informationen und Belegexemplar an:

Kömmerling Chemische Fabrik GmbH
Zweibrücker Str. 200
66954 Pirmasens
Tel: +49 6331 56-2330
Fax: +49 6331 56-1110
E-Mail: alexandra.rohr@hbfuller.com
www.koe-chemie.de

Quelle: Glas + Rahmen 12/17